Presseberichte
Schulleiterin Michaele Grote nimmt nach 14 Jahren Abschied vom Berufskolleg Lise Meitner
Die Leberwurst steht auch für Lernen
Am bklm Ahaus endet eine Ära: Schulleiterin Michaele Grote wurde zum Ende dieses Schuljahres in den Ruhestand verabschiedet.
In entspannter Atmosphäre ließ sich die Oberstudiendirektorin, die seit 2005 das bklm leitete, viele Erkenntnisse, viel Persönliches und auch einige Bekenntnisse entlocken …
Wir baten Frau Grote vorab, aus Begriffen, die mit dem bklm zusammenhängen, Sätze oder Ausdrücke zu bilden.
B - Beruf und Bildung beherzt begleiten
Welchen Beruf haben Sie gelernt?
Ich habe eine Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin gemacht.
Und welchen Beruf würden Sie – Stand heute – wählen?
Zwischendurch wollte ich Lebensmittelchemikerin werden. Heute im Nachhinein würde ich mich eventuell vielleicht auch wieder für den Lehrberuf entscheiden.
Beim Lehramt würde mich fachlich auch Elektrotechnik und Informatik interessieren, aber in einer Kombination die einen Ausgleich liefert; eine Sprache, wenn ich die Kompetenz hätte. Denn ein Auslandsjahr in einem englischsprachigen Land wie Australien oder Neuseeland würde mich reizen.
Hatten Sie Erwartungen an den Lehrerberuf, wenn ja, wurden diese erfüllt?
Ich hatte Respekt davor, Lehrerin zu werden und habe lange geglaubt, ich kann das ja gar nicht… Ich war skeptisch, ob mir das gelingt, Pädagogen waren mir zunächst suspekt. Das Fach Religion war ein bewusst gewählter Ausgleich zum Ingenieurstudium welches etwas ganz anderes war und das wollte ich auch so.
Wo sind Sie selbst zur Schule gegangen?
Die Grundschule habe ich in Marl besucht, dann die Realschule der Ursulinen in Dorsten. Die Ausbildung zur PTA habe ich in Gelsenkirchen gemacht. Danach habe ich gleich das Studium der Lebensmitteltechnologie an der Fachhochschule in Lemgo aufgenommen. Zu der Zeit herrschten Übergangsregelungen, so dass ich nur mit der Ausbildung an die FH kam. Mit 18 trat ich in Lemgo an und habe dann Gewerbelehramt in Darmstadt ohne Abitur studiert. Die Finazierung der beiden Studiengänge konnte ich durch die Arbeit in Apotheken in Marl und Lemgo sowie in der Krankenhausapotheke in Kassel zusätzlich aufbessern. Danach ging es nach Kassel zum Referendariat an die Walter-Hecker-Schule und dann an die Bergiusschule nach Frankfurt. Von dort ging es ans Herwig-Blankertz-Berufskolleg in Recklinghausen. Dann an ZfsL in Gelsenkirchen. Dann nach Ahaus.
K - Kinder, kegeln, kreativ und kompetent
Die Folge des Lehramtstudiums für mich war, dass ich einen Persönlichkeitswandel vollzogen habe, von der „Labormaus“ mit laborverliebter Arbeit als PTA, das hab ich richtig gerne gemacht – hin zu mehr Kommunikation. Ein ganz neues Verhalten habe ich da gelernt. Und das finde ich im Nachhinein richtig gut, dass ich nicht Lebensmittelchemikerin geworden bin.
Die Entscheidung Lehrerin zu werden, kam durch die Leitfrage, was geht im Leben am besten, wie kann ich auch möglicherweise Arbeit und Familie verbinden, es war auch eine rationale Entscheidung. Als Lebensmittelchemikerin kommst du vielleicht nicht mehr weg, aber Schulen gibt es überall. Denn alle Versetzungen waren durch meinen Mann bestimmt, aber ich wollte das ja so.
Und mit dem Referendariat habe ich meinen Mann „gezwungen“ (Augenzwinkern) mich zu heiraten
Wir haben 1980 geheiratet, denn im Bistum Fulda, welches damals nicht so liberal war, habe ich mein Referendariat gemacht. Mein Fachleiter in Religion war katholischer Pastor. Aus Sorge um meine Missio Canonica (katholische Lehrerlaubnis), habe ich ihn dann zur Ehe gezwungen (Lachen). Die Lehrerausbildung startete am 1.11., am 20.12. haben wir dann geheiratet.
Wo sehen sie sich in 10 / 20 Jahren?
Ich hoffe, da bin ich Großmutter, kümmere mich um Haus, Hof und Garten. Pflege meine Leidenschaften, Sachen, die ich gerne mache wie lesen, Flöterei, Musik und Theater, ganz viele Dinge tun. Sehe mich im Münsterland. Könnte aber auch noch anders. Eventuell beginne ich ein Studium, da denke ich drüber nach, ich weiß es noch nicht.
L - Leberwurst, Lieblingsteil, Lernen oder Leiden
Als ich Emulgatoren in der Berufsschule erklärt habe, habe ich es am Beispiel Spüli veranschaulicht …. (lacht). Ein Lehrling hat es im Betrieb nur im Grobzusammenhang wiedergegeben und da hatte ich den Chef am Apparat, und musste den Kontext erklären … da hatte der Lehrling wohl etwas nicht ganz verstanden. Ich komme aus einer Fleischerei, ich konnte ihn durchaus verstehen…
Achja, Latein muss nicht sein, fällt mir hier noch ein.
Mein Lieblingsspruch von Liechtenberg gilt immer noch, Lernen oder Leiden, ich komme da nicht von weg.
M - Mangel mutig maximieren, Management meistern, modernisieren und Macht minimieren
Was können Sie für die Qualität des Unterrichts an Ihrer Schule tun und können Sie diese überhaupt beurteilen?
Mir war klar, dass ich die Schule nicht ohne eine Steuergruppe leiten wollte. Über die Etablierung der Steuergruppe haben wir ein Instrument geschaffen, um die Unterrichtsentwicklung voranzutreiben. Die Kollegen in der Steuergruppe waren auch alle an Unterrichtsentwicklung interessiert. Dort habe ich sehr gerne gearbeitet. In dieser Gruppe gab es eine sehr gute Zusammenarbeit. Es gab Konsensentscheidungen, wir haben Impulse gesetzt und ich habe auch sehr partizipiert, denn ich habe die Gruppe nicht geleitet. Diese Gruppe war für mich was ganz Besonderes.
Als Fachleiterin habe ich viel Unterricht gesehen, er soll „gut genug“ sein, das muss gemeinsam reflektiert werden. Es ist wichtig ins Gespräch zu kommen „Was ist guter Unterricht“. Wichtig ist Teamarbeit, um ganzheitlich und komplexer auch die Fachsystematik und die Kompetenzentwicklung in den Blick zu nehmen und fortzuschreiben. Ich habe aufgeatmet, dass man nach neuen didaktischen Ansätzen manche Zusammenhänge viel komplexer bearbeiten kann und sich weg von der reinen Lernzielorientierung bewegt hat.
Sie sind begeisterte Radfahrerin. Welche Teile einer Radausrüstung haben Sie am bklm am meisten eingesetzt?
Den Kompass, den hab ich sogar auch am Rad, Pedalen immer mal wieder auch um anzutreten, auch das Lenkrad, Packtaschen, wenn man mehrere Tage unterwegs ist …
Wenn Sie in 10 Jahren den Schulrucksack mit 10 wichtigen Dingen packen müssten, was kommt rein?
Bücher, Sprachkursmaterial, auf jeden Fall Musiknoten, digitales Endgerät, guten Laptop zum Beispiel, variabel einsetzbar, Scheckkarte oder etwas zum kontaktlosen Bezahlen, der Rucksack wäre auf jeden Fall leichter, denn die Bücher gingen auch als ebook.
Welches Buch sollte jede Lehrerin und jeder Lehrer gelesen haben? Welches empfehlen Sie der Schülerschaft?
Ich müsste mal mein Handy nehmen, da habe ich eine Buchliste drauf… Ich schreibe mir auf, was ich gelesen habe….
Da fällt die Auswahl schwer, Mark Haddons „Supergute Tage oder die sonderbare Welt des Christopher Boone“, Wolfgang Herrndorfs „TSCHICK“, sehr kreativ. Oder Juli Zehs „Unter Leuten“. Die erstgenannten können auch gut Schüler lesen.
Was ist das Tageshighlight einer Schulleiterin?
Wenn nichts passiert.
Wenn es gut läuft, man positive Rückmeldungen vom Kollegium oder der Öffentlichkeit erhält. Wenn es im Kollegium gut läuft, wenn sie zufrieden sind.
Alptraumartig sind diese Tage, die wie Wundertüten sind, aber nicht im positiven Sinne, sondern bestimmt von Hiobsbotschaften, wie Todesfälle, die mir von Schülerschaft wie Kollegium und Sekretariat besonders in Erinnerung geblieben sind.
Zu Beginn hatte ich viel Respekt vor den Lehrerkonferenzen. Ich hatte am bklm aber wirklich Glück; es gab konstruktive Kritik, manchmal beharrend, aber es war eine tolle Lehrerschaft.
Freuen Sie sich nach den Ferien auf den ersten Schultag, oder bedauern Sie das Ferienende?
Ich freue mich auf den 1. Schultag nach den Sommerferien, da bin ich wieder reif und bereit, gerade im Sommer, da bin ich wieder gerne in die Schule gegangen. Dieses Jahr mache ich noch Bürodienst, aber dann habe ich ja noch 4 Wochen Ferien, äh bevor es losgeht….
Sie erhalten 1 Million EURO für das bklm – ohne Bindung der Mittel – wofür würden Sie es ausgeben?
Ach, für das bklm…. Baumaßnahmen, ein neues Gebäude an einem Standort optimal gestaltet.
Wir sind keine Notfallmediziner. Wir dürfen auch mal nachdenken.
Wir überschlagen uns oft, und ich neige dazu, alles schnell abzuarbeiten, aber wenns brenzlig wird, ist Entschleunigung angesagt.
Zum Abschluss nehmen wir die Geschenke, die die ehemalige Fachleiterin 2005 von ihrem Studienseminar zur neuen Schulleitung bekommen hat, genauer unter die Lupe:
Das Radiergummi für große Fehler und die Brille für Weitsicht haben Michaele Grote gute Dienste geleistet. „Ich bin ja selber weitsichtig, aber es ist wichtig, auch den groben Überblick zu haben, vor allem, wenn man detailverliebt ist.“
Die orange-gelbe XXL-Wäscheschnur, um dem Kollegium eine „lange Leine“ gewähren zu können, „habe ich wohl manchmal zu lang gelassen,“ schmunzelt sie entspannt, aber meine Devise war immer, sind alles studierte Leute.“
Herzlichen Dank an Frau Grote für ihre Zeit und wir wünschen alles Gute für den neuen Lebensabschnitt mit Lakritz, Theater, Konzert, Wein, Radfahren, barocker Musik und ihrer Familie.
Eventuell nimmt sie ja nun ein wenig Abstand von ihrem Lieblingsspruch „Lernen oder Leiden“ bei Urlauben in Frankreich…Wir wünschen ihr, dass Frankreich das bietet, was sie sucht: Strand, Berge oder plattes Land?
Wenn der Strand an einem Berg liegt, ist er optimal. Was ich wirklich hasse, ist Sonne, Sand und Meerwasser, da kleben so die Füße.
Birgit Brackhan und Friederike Kaemper